Freitag, 10. August 2012

me Collectors Room - eine begehbare Wundertüte


Nachdem die Prüfungen geschrieben und endlich wieder Freizeit vorhanden ist, arbeite ich gerade meine "Dinge, die ich unbedingt nach der ganzen Lernerei tun muss"- Liste ab. Weit oben darauf ein Besuch im me Collectors Room, wo derzeit die "Art & Toys" von Extremsammler Selim Varol ausgestellt sind.
 Und das kann man wörtlich nehmen; denn direkt nach dem Eintritt werde ich von einer der bekannten Pop-Art-Kuckucksuhren Stefan Strumbels empfangen und fühle mich wie in einem kunterbunten Bonbonladen. Ich finde mich in diesem riesigen Spielzimmer wieder, an den Wänden hängen Originale und Editionen der bekanntesten Street- und Urban Art Künstler - von B wie Banksy und Be@rbrick, über D wie D*Face und Miss Van bis ZEVS - alle sind sie vertreten.

Spannung entsteht zudem durch die gemeinsame Präsentation der Art & Toys mit den Exponanten der Wunderkammer Olbricht, in welcher, größtenteils aus der Barockzeit stammende, Objekte präsentiert werden. So gelangt man aus der knalligen, teils hochpolierten und lauten Sammlung Varols in ein gedimmtes Kuriositätenkabinett, in welchem beeindruckende Stücke der Handwerkskunst, exotische Tiere, filigrane Schmuckstücke, Gemälde und sogar ein Schrumpfkopf einen erwarten.

Absolut sehenswert und viel Zeit mitbringen!

















































































Montag, 23. Juli 2012

Tipp des Tages: Arte - "Der Glamour des Abstellraums"



Platznot in den Städten und Platzbedarf der Automobile sind zwei - bei dem rasant wachsenden Raumbedarf des modernen Menschen - nicht ganz leicht in Einklang zu bringende Begriffe. Ob schutzlos an der Bordsteinkante oder versteckt in den Innenhöfen, fristen Automobile ein recht trostloses Dasein. Bis jetzt!

Dank mutiger Automobilkonzerne und innovativer Architektur, finden sich inzwischen ganz neue Lösungen für die Präsentation des Automobils und natürlich auch der dahinterstehenden Marke.
So entstanden in den letzten Jahren einige beachtliche Bauwerke zu Präsentations- und Verkaufszwecken, wie beispielsweise das Porsche Museum in Stuttgart oder der Citroën Showroom an der Champs-Elysée in Paris.
 
 Dieses Thema wurde aktuell auch in einer Arte-Reportage untersucht, welche ich euch unbedingt empfehlen kann. Aber beeilt euch, denn die Sendung ist nur noch bis nächsten Sonntag online abrufbar!

Mittwoch, 18. Juli 2012

Hassobjekt Vorhängeschlösser


Ja ich weiß es sind eigentlich keine Vorhängeschlösser sondern Liebesschlösser, aber egal wo ich inzwischen hinkomme - sei es ein noch so entlegener Ort - fühlen Verliebte sich dazu berufen, gravierte Schlösser an Brücken, Straßenlaternen, Zäunen und sonstigem Stadtmobiliar anzubringen um damit ihre ewige Liebe zu demonstrieren. Nicht einmal vor dem gusseisernen Preußischen Adler an der Weidendammer Brücke Brücke in der Friedrichstraße machte der Liebesbrauch halt und so muss dieser nun mit diesem unfreiwilligen Körperschmuck vorlieb nehmen.

Wo wir bei Brauch sind. Der Brauch an sich hat in seinem Ursprung wahrscheinlich gar nichts mit der Liebe zu tun: Denn es wird angenommen, dass Florenzer Absolventen der Sanitätsschule einst begannen ihre Spindschlösser als Symbol für ihre überstandene Ausbildung an die Mivische Tiberbrücke in Rom zu hängen. Daraus entwickelten sich dann die bekannten Liebeschlösser, die vor allem durch die Romane von Federico Moccia in jüngster Zeit populär wurden.

Da diese Metallhaufen, aber unkontrolliert weiterwuchern und meine Lieblingsplätze mehr und mehr darunter verschwinden, bitte ich alle Pärchen von diesem Brauch abzulassen und doch lieber ganz klassisch einen Baum zu pflanzen. Ist sogar gut für unsere Umwelt und eure Kinder können sich dann eines Tages mit ihrer ersten Liebe darauf verewigen.

Donnerstag, 12. Juli 2012

"The New International Style" - Baustil: Parametrismus



Da ich momentan etwas im Prüfungsstress bin und meine Tastatur wortwörtlich unter Übungzetteln und Quellentexten untergeht, poste ich eine vorerst kurze Einführung in ein Thema, das mich die letzten Tage beschäftigt hat: Nämlich der so genannte Parametrismus - also die rechnergestützte Entwurfsmethode, die vor allem durch das Büro Zaha Hadids inklusive Patrick Schumacher, seit einigen Jahren Aufmerksamkeit erregt.

Dazu vorerst eine Zusammenfassung vom selbsternanntem Urvater des Parametrismus Patrick Schumacher. Hauptthese ist hierbei, dass der Parametrismus der Nachfolger der (Post)Moderne ist und sich nun in die Geschichte der Baustile, wie Antike oder Barock, einreiht.

Da man diese Ansicht und die Person dahinter durchaus kritisch hinterfragen kann, folgt hier noch ein Artikel aus der Frankfurter Rundschau.

Lest euch die Texte durch und entscheidet, ob der Parametrismus der zukunftsweisende Baustil oder doch nur ein Hirngespinst eines Selbstdarstellers ist.

Freitag, 22. Juni 2012

Zu Besuch bei "The World is not Fair - Die Grosse Weltausstellung"



Wie versprochen stattete ich letztes Wochenende der Weltausstellung auf dem Tempelhofer Flugfeld einen Besuch ab und muss sagen: Aufjedenfall sehenswert, was das raumlabor und das Berliner Theater Hebbel am Ufer da auf die Beine gestellt haben.

15 Pavillons, die größtenteils in rot-weißen Blockstreifen in der Landschaft stehen, galt es zu entdecken. Da diese teilweise recht lose über das riesige Gelände verteilt sind, empfehle ich gemütliches Schuhwerk und einen Reiseproviant. Die Suche nach den Schauplätzen erinnerte mich dann irgendwie ein bisschen an Schnitzeljagd und wurde überraschender Bestandteil der Ausstellung. Außerdem ermöglicht das Konzept, dass man zwischen den einzelnen Stationen Zeit hat seine Gedanken zu sortieren und sich mit anderen Besuchern auszutauschen.
Gleichzeitg sehe ich darin auch einen kleinen Kritikpunkt, weil die manchmal etwas langen Wanderungen es erschweren, sich komplett in die Thematik einzulassen und Verbindungen zwischen den Pavillons herzustellen. Nichtsdestotrotz bleibt es eine interessante, erfrischende Konzeption.

Höhepunkt der Ausstellung ist sicherlich die letzte Inszenierung Matthias Lillienthals als Intendant des Berliner Theaters Hebbel am Ufer. Eingerahmt in einen grauen Holzkubus, welcher an die Reaktorruine Fukushima II anspielt, gelangt der Zuschauer mit den beiden Hauptdarstellern, welche zuvor in einem beinahe zeremoniellen Akt ihre Schutzbekleidung inklusive gelben Gummistiefeln überziehen, in das Bühneninnere. Dort wir man dann Zeuge wie die beiden versuchen - nicht ohne eine gehörige Portion Humor - die nukleare Katastrophe abzuwenden.

Sehr unterhaltsam ist auch der riesige Schwarzweiß-Fernseher, in welchem die Darsteller ihren Alltag verbringen und uns an ihrem Klatsch und Tratsch teilhaben lassen. Da muss es einen auch nicht wundern, wenn der Röhrenfernseher plötzlich leer ist, weil sich die Bewohner zum Mittagessen auf dem Dachgehäuse verabredet haben.

Da das Projekt aber nicht nur unterhalten, sondern auch informieren soll, gibt es zahlreiche Stationen, die sich mit Themen rund um unser Globales Dorf beschäftigen. So erfuhr ich in Form von phantasievollen Illustrationen, wieviel Abgas eine Milchkuh absondert, wo unser Abwasser eigentlich hinfließt und auf einer einer Plakatwand gab es eine Ansammlung der Wahrzeichen vergangener Expos zu entdecken.

Dieses Wochenende habt ihr letztmalig Möglichkeit, die Ausstellung auf eigene Faust zu entdecken - also Laufschuhe rausholen, Stulle schmieren und startklar machen!





                                                                     


Samstag, 16. Juni 2012

48 Stunden Neukölln - der erste Abend

Wow! Alle die sich gestern auf den Weg nach Neukölln gemacht haben werden mir zustimmen - was für ein vielversprechender Anfang. Gestern abend hab ich mir erstmal den Reuterkiez und die Flughafenstraße vorgenommen. Wo sonst beschmierte Rolläden hängen, verwandelten sich die Räume dahinter plötzlich in aufregende Kunstprojekte. Rauminstallationen aus alten CDs, ein riesiges Pferd aus Wurzelholz oder ein Besuch im vollkommen vernebelten Himmelreich, waren nur wenige Höhepunkte, die es überall zu entdecken gab. Doch auch auf den Straßen und Gassen ist einiges geboten: Aufgeschlossene, internationale Besucher, gelöste Straßenfestival-Atmosphäre und Spontan-Performances, eingerahmt in eine laue Sommernacht. Und an den Eingängen zum "Paradies Neukölln", so das diesjährige Motto, verteilen Pförtner in Engelsflügeln schmackhafte Bio-Äpfel - da bleiben wirklich keine Wünsche mehr offen!


Holzwerkstatt zwischen Boddin- und Flughafenstraße

Tuschezeichnung "Temple" von Ajak in der Boddinstraße




Installation Chromification von den SPAR*K Architekten











































Donnerstag, 14. Juni 2012

48 Stunden Neukölln - Psssst!

Dieses Wochenende findet im aufgestrebten Neukölln das "48 Stunden Neukölln" Projekt statt. Inzwischen ist Neukölln nämlich nicht mehr nur für allerhand Gewalt berühmt-berüchtigt, sondern es entwickelte sich in den letzten Jahren eine lebendige Kunst und Kulturszene, die sich dieses Wochenende rund um Karl-Marx-Straße und Richardplatz präsentiert. Euer Programm stellt ihr euch am besten hier zusammen, wobei ihr aus einer bunten Mischung aus Inszenierungen, Musik, Kunstaustellungen, Lesungen und Filmvorführen schöpfen könnt. Wer die Wahl hat, hat die Qual.

Mein Favoriten sind unter anderem eine "surreal-dreidimensional-audiovisuelle Augmented Sculpture", eine neue Sicht auf "Alice im Wunderland" und das Projekt "Bewegte Architektur".

Ich bin schon total gespannt und hoffe, dass ich bis dann auch wieder vollkommen gesund bin - wir sehen uns!


Donnerstag, 24. Mai 2012

Coming to town: "Die Grosse Weltausstellung"























Als ich gestern den Abend in den - für mich immer wieder beeindruckenden - Weiten des Tempelhofer Felds verbrachte, tauchten am Horizont plötzlich obige Holzkonstruktionen in der Abenddämmerung auf. Irgendwie Merkwürdig! dachte ich mir und ging dem Mysterium heute auf den Grund.
Und siehe da: Nichts geringeres als Vorbereitungen für "Die Grosse Weltausstellung" in Berlin finden dort statt. Immer noch merkwürdig, denn meines Wissens findet die Expo dieses Jahr in Südkorea statt. Da muss also mehr dahinterstecken.

Und in der Tat ist "The World Is Not Fair - Die Grosse Weltausstellung" keine gewöhnliche Expo. Das Gemeinschaftsprojekt von Hebbel am Ufer und raumlaborberlin hinterfragt das Konzept klassischer Weltausstellungen, in welchen Nationen - unabhängig von ihren gesellschaftlichen und politischen (Un)Taten - versuchen sich im bestmöglichen Licht darzustellen, um so das eigene Land zu vermarkten.

Damit dieses national-begrenzte Denken überwunden wird, entstehen momentan 15 Kulturen-übergreifende Pavillons, in denen Künstler, Architekten, Regisseure und Darsteller sämtlicher Disziplinen, ihre Sicht auf unsere heutige globale, vernetzte Welt verwirklichen. So werden vom  01.-24. Juni auf dem Tempelhofer Flugfeld Installationen, Inszenierungen, Diskussionen und Konzerte, in den zum Großteil aus wiederverwerteten Materialien entstandenen Pavillons stattfinden, zu denen jeder Interessierte eingeladen ist.

Also jetzt schonmal im Kalender anstreichen und weitere Informationen gibt's hier.

Samstag, 19. Mai 2012

Architektur bis auf die Knochen - Teil I


Keine Angst, folgender Beitrag wird weder allzu gruselig noch blutig, sondern vielmehr beschäftige ich mich mit einer äußerst spannenden Verbindung: Nämlich der von Knochen bzw. Skeletten mit Architektur.

Erstmals entstand diese vermutlich in der prähistorischen Verwendung von Mammutkadavern, was 45.000 Jahre alte Funde aus Westeuropa offenbaren. Die riesigen Stoßzähne, Knochen und Schädel eigneten sich hervorragend als Grundgerüst für die Errichtung von Hütten und Unterschlüpfen und war im Gegensatz zu Holz ein ausreichend verfügbares Baumaterial.
Als Werkstoffe verloren Skelette in den den darauf folgenden Jahrtausenden zwar ihre Bedeutung, jedoch tauchten sie in anderer Form bis heute immer wieder auf.

So entstanden zum Beispiel in bedachten Gewölben und Kellern Beinhäuser, welche nach dem lateinischen Wort für Knochen os, auch Ossarium genannt werden. In solchen Räumen konnten gestapelt  vergleichsweise viele Gebeine von Verstorbenen aufbewahrt werden, weshalb solche aus Platzmangel auf Friedhöfen oder in Gegenden mit starken Bevölkerungswachstum entstanden. Ein bekanntes Beispiel sind die Katakomben im Pariser Untergrund, welche ungefähr 6 Millionen Gebeinen eine Ruhestätte bietet.

Einen wirklich künstlerischen Mehrwert besitzt aber erst das Ossarium im tschechischen Sedletz. Ab 1870 wurden im Kellergeschoss der katholischen Klosterkirche 10.000 menschliche Skelette durch den Tischler František Rint in eine neue Ordnung gebracht - und diese hat es in sich. So entstanden im Innenraum filigrane Schädel-Girlanden, ein knöcherner 8-armiger Lüster, Familienwappen oder riesige Glocken vollkommen aus Teilen des Skelettes.

Wappen der Familie Schwarzenberg und Lüster aus allen 206 Knochen des Menschen  (Fotos: world_virus, chmouel)

Ob ich eher fasziniert oder abgeschreckt von der durchaus morbiden Schönheit des Knochenkabinetts bin, kann ich zwar nicht zweifellos sagen, dennoch hinterlassen sie einen bleibenden Eindruck.

Ein weniger schauriges Beispiel für die Verwendung von Skeletten in der Architektur, entdeckte ich an der 1790 vollendeten Fassade des kürzlich sanierten Anatomischen Theaters inmitten des Charité-Geländes. Hier schmücken statt typischen Stilelementen des Klassizismus gipserne Tierschädel Fenster und Türeingänge und weisen so auf die ursprüngliche Nutzung als Hör- und Vorführsaal der Tierarzneischule hin.


Anatomisches Theater von C. G. Langhans vor und nach der Fassadenrestaurierung


Meine kleine Architektur-Anatomie ist vorerst beendet, aber es gibt noch einiges Spannendes zum Thema: Der Sprung in die Neuzeit folgt dann im zweiten Teil!

Dienstag, 15. Mai 2012

Timișoara versa

Wie bereits geschrieben, habe ich einige sonnige Tage in Timișoara (zu dt.: Temeswar, Temeschburg) verbracht und wollte noch einige Eindrücke mit euch teilen.
Auch wenn wohl die wenigsten bereits von dieser Stadt gehört haben, ist sie jedenfalls eine Betrachtung wert! Sie ist nämlich schon seit langer Zeit eine äusserst fortschrittliche Stadt: Bereits 1869 verkehrte eine der weltweit ersten Pferdestraßenbahnen und 1884 ging die elektronische Straßenbeleuchtung in Betrieb, womit sie ebenfalls zu den Vorreitern in Europa gehörte. Zudem begann hier 1989 die rumänische Revolution gegen die kommunistische Diktatur unter Ceaușescu und im Dezember ging der Opernplatz als Schauplatz in der Geschichte ein, da die rumänische Armee dort im Dezember 1989 in die aufbegehrende Menge schoss.

Über 20 jahre später heilen die Wunden der Diktatur erst langsam und sind auch städtebaulich überall ersichtlich. Der historische Stadtkern ist über weite Teile baufällig und von typisch sozialistischen Beton-Blöcken durchzogen. Dennoch bietet Timișoara bemerkenswerte Bauwerke und Plätze wie die nach einem Brand 1920 in neobyzantinischer Architektur wiederaufgebaute Oper, die farbenfrohe orthodoxe Kathedrale in klassisch-byzantinischen Stil, den großzügigen Piața Unirii (dt.: Platz der Einigung), welcher durch barocke Gebäude in Pastelltönen gerahmt wird oder den Hotelturm des Continental Hotels im funktionellen Realismus der 70er Jahre erbaut.
Die ereignisreiche Vergangenheit führte zwar nicht immer zu positiven Veränderungen, aber so entstanden spannende Brüche, welche das besondere Gefühl der Stadt für mich ausmachen. Aber seht selbst.









Montag, 14. Mai 2012

Chanel Paris-Timișoara Spring 2012


Letzte Woche führte mich mein Weg nach Rumänien, um genauer zu sein in die zweitgrößte Stadt des Balkanstaates Timișoara. Das von der Diktatur Nicolae Ceaușescus gezeichnete Land, hat mit sämtlichen Problemen wie Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption, sozialen Konflikten und auch dem damit verbundenen baulichen Verfall zu kämpfen. In den letzen Jahren hat sich dennoch einiges getan, wodurch sich die Lage zumindest etwas verbesserte. Vom Leben in Luxus ist der Großteil der Bevölkerung dennoch weit entfernt, und so brachte mich obige Häuserwand ziemlich zum Schmunzeln.



Samstag, 21. April 2012

Das Phantom

   Phantom - Graft Architects für stilwerk (via stilwerk)


100 kg schwer, 3 Meter lang, limitiert auf 9 Stück - das sind die Daten des Supertisches Phantom der Graft Architekten. Inspiriert von Marilyn Monroes legendärer Szene aus "Das verflixte siebte Jahr" schwebt, der aus Kohle- bzw. Glasfaserverbundwerkstoff aufwendig gefertigte Tisch, wortwörtlich zwischen Realität und Illusion und schafft es sofort den Betrachter zu verblüffen. Dieser Wirkung konnte sich auch Brad Pitt nicht entziehen und blätterte stolze 47.000 € für sein Exemplar hin. Absolut nachvollziehbar!
Denn wieder einmal zeigt sich: Erst die Symbiose von Kunst und Technologie ermöglicht die Entstehung solch unkonventioneller und wegweisender Designobjekte.

Sonntag, 15. April 2012

30° 36′ 12.37″ N, 104° 31′ 6.52″ W


Falls ihr euch jetzt fragt, was es an diesem verlassenen Ort, mitten in der Wüste von Texas an der U.S. Route 90, zu sehen gibt, dann geht es euch genau wie mir, als ich das erste Mal davon hörte. Macht man sich jedoch die Mühe und zoomt etwas näher heran, so entdeckt man plötzlich einen rechteckigen Gebäudegrundriss am Straßenrand. Wechselt man nun noch in den Straßenmodus, so hat man des Rätsels Lösung: Prada seht dort in großen Lettern über zwei Schaufenstern. Eine Prada Boutique mitten im Nirgendwo, nahe des knapp 2000-Seelen-Dörfchens Marfa in Texas. Statt Prada Mailand, Paris oder New York, also Prada Marfa.

Ergibt irgendwie immer noch keinen richtigen Sinn?

Deshalb nun die Auflösung der kleinen Schatzsuche. Der Prada Marfa Store ist eine unzugängliche Installation der dänisch-norwegischen Designer Elmgreen & Dragset, welche im Oktober 2005 eröffnet wurde. Sie ist eingebunden in den Kunstpark der Chinati Foundation und ausgestattet mit - von Miuccia Prada persönlich ausgewälten - Handtaschen und Schuhen der Prada Herbstkollektion von 2005, welche unverändert bis heute dort im Schaufenster stehen.
Denn elementarer Bestandteil des Konzeptes, ist die Unveränderlichkeit der "Vitrine": So war von Beginn an geplant, das minimalistische Gebäude ohne weitere Instandhaltungsmaßnahmen altern zu lassen und so dem natürlichen Zerfall preiszugeben - soweit zumindest der Plan.

Denn nur wenige Tage nach Eröffnung wurde die Installation von Vandalen aufgebrochen, besprüht und ausgeräumt. Daraufhin beschloss man die Schäden zu reparieren, das Diebesgut zu ersetzen und zur Sicherheit ein Alarmsystem zu installieren. So viel Eitelkeit muss man den Beteiligten wohl zugestehen.

Prada Marfa - heute geschlossen   (wikipedia.de, von Marshall Astor)

Erste - nun gewünschte - Anzeichen des Verfalls im Januar 2012  (via wikipedia, von LifeHarmonizes)

Dienstag, 10. April 2012

Wiederentdeckung der Ecke - Teil II


Rund, geschmeidig, ohne Ecken - das sei modern und innovativ - so der Tenor in Designfragen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Demnach entstanden nun ergonomische Rasierapparate, abgerundete Kaffeemaschinen und eckenlose Bildschirme, die teilweise eher an futuristische Raumschiffe, als an Alltagsgegenstände erinnern.
Einer der Trendsetter dabei war und ist die Firma Apple, die mit ihren innovativen Designs die Gestaltung von Produkten maßgeblich beeinflusst. Essentiell dabei die stets gerundeten Kanten und Ecken, wie beispielsweise beim transparenten iMac der späten 90er Jahre oder bei der iPod Familie, deren abgerundete Aussenhüllen, wie aus einem Guss zu sein scheinen. Diesem Kozept folgte Apple zumindest recht konsequent bis in die späten 00er jahre, etwa als das iPhone 4 auf den Markt kam. Im Gegensatz zu allen Vorgängern und den anderen Apple Produkten, verzichtet das iPhone 4 auf die sanften - für Apple typischen - Rundungen auf den Geräteflächen und ist stattdessen auf Ober- und Unterseite spiegelglatt. Aufällig auch die Evolution des iMacs, welcher im Laufe der Jahre immer mehr Rundungen verlor.


(via apple.com, alle Bildrechte liegen bei Apple Inc.)

Ist es also vorbei mit organischem Design, vorbei mit der Epoche des "Form follows Fluid" , wie Designer Karim Rashid das Grundgesetz des organischen Designs bezeichnet?
Dies zu behaupten, wäre wohl etwas voreilig, aber dennoch gibt es Anzeichen, dass das Prinzip des Organischen ernsthafte Konkurrenz bekommt - nämlich von den Polygonalen Designs. Polygon kommt aus dem Altgriechischen und bezeichnet in der Geometrie einfach ein Vieleck. Polyeder haben keinerlei Rundungen, sondern bestehen nur aus Vielecken, die stufenlos zusammengesetzt, ein vefremdetes Modell eines organischen Körpers ergeben.
Aus Kugel wird Polyeder (via wikipedia.de, Urheber: Thomas81, Pappy77)
So lässt sich jede gekrümmte Oberfläche durch eine Vielzahl gerader Flächen darstellen, wodurch eine neue, ungewohnte und oft spannungsvolle Darstellung erreicht wird.
Statt anschmiegsam und weich wirken polygonale Objekte stark, kantig und abstrakt. Das nutzen Designer und Architekten, um ihre Produkte, z.B. von organisch geformten, abzuheben und ihnen bestimmte Eigenschaften zu verleihen.


Bauten des Architekten Norman Foster - organisch bei "The Gherkin" in London (erbaut 2001-2004) und polygonal beim "Hearst Tower" in New York ( erbaut 2003-2006) (via wikiepdia, Urheber H005, Alsandro)

Entfernt erinnern die polygonalen Strukturen auch an Kristalle und Edelsteine, die mit ihren spiegelnden, glatten Flächen die Menschheit seit jeher faszinieren. Auch deshalb hat mich das Polyeder-Design sofort begeistert und ich freue mich auf die weitere Entwicklung und Verbreitung. Natürlich werde ich gespannt das Duell organisch vs. polygonal verfolgen und euch auf dem Laufenden halten!

Jetzt würde mich natürlich noch interessieren: Was haltet ihr davon? Ich freue mich auf Kommentare und persönliche Meinungen!

Montag, 9. April 2012

Wiederentdeckung der Ecke - Teil I


Im Design gibt es grundsätzliche Strömungen, die die Formensprache einer gewissen Zeit bestimmen. In den letzten Jahrzehnten waren dies ganz klar die rundlichen, geschwungenen - genannt organischen - Formen.
Um diesen Trend zu verstehen, müssen wir in der Zeit etwas zurückgehen; um genau zu sein in die 60er Jahre. Damals kamen die neuen Kunstwerkstoffe wie Polyester oder Polypropylen auf den Markt und beflügelten, die gegen konventionelle, starre Muster aufbegehrende Jugendkultur, mit den neuen Materialien zu experimentieren und zu provozieren. Man hatte genug von geradlinigen Eichenholztischen, biederen Polstersesselen und Kommodenschränkchen und so nutzte man die neuen Werkstoffeigenschaften, um rundlich geformte und quietschbunte Objekte zu entwerfen. Folglich enstanden beispielsweise der legendäre "Ball Chair" von Eero Aarnio (1962), der Panton Chair von Verner Panton (1967) oder die bekannten halbkugeligen Hängeleuchten der 60er.


Zu dieser Zeit nahm die organische Formgebung endgültig Einzug in unseren Alltag. Doch was fasziniert uns so an den runden Formen?
Sie sind vor allem eines: Natürlich. Im Gegensatz zu den konstruierten und in der Natur nicht vorkommenden geometrischen Figuren, wie Quader oder Würfel, erinnern uns die rundlichen, fließenden Formen an treibendes Wasser, an Früchte oder Körperteile. Sie sind uns also, schon von Grund auf, vertraut. Rund statt eckig war deshalb das Grundkonzept für Designer und Architekten der letzen Jahre. Noch weiter beflügelt vom Trend zur  Natur, bot dies einen idealen Nährboden für organische Formgebung wie bei den Gebäuden des amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright und der irakischen Architektin Zaha Hadid, den Möbeln des britischen Designers Ron Arad oder der Neuauflage des Volkswagen Käfers "New Beetle".


Sonntag, 8. April 2012

Print-à-Porter

MICRO Kollektion - Iris van Herpen S/S 2012 (via BART OOMES, irisvanherpen.com)
Ich bin immer wieder beeindruckt, was die niederländische Künstlerin, Designerin und Shootingstar der Haute-Couture Iris van Herpen mit ihrem Team und modernsten Techniken erschafft. Architektur und Mode standen schon immer in enger Verbindung und inspirieren und beeinflussen sich gegenseitig. Doch so wortwörtlich wurde dieses Verhältnis wohl noch nie umgesetzt. Tragbare Architektur.
Für das oben gezeigte Meisterwerk ließ sich van Herpen offensichtlich von gotischen Kathedralen, welche ab dem Beginn des 12. Jahrhunderts zunächst in Frankreich entstanden, inspirieren. Klar erkennbar sind die filigranen Strebebögen, Rippen und Spitzbögen, welche typisch für die gotische Baukunst sind. Durch sie wurde es erstmals möglich, massive tragende Elemente wie Pfeiler und sehr dicke tragende Wände aus dem Kirchenschiff durch Lastverteilung nach außen zu verlagern. Dadurch konnten luftigere Innenräume und größere Wandöffnungen für Fenster verwirklicht werden, was zu einem freieren und leichteren Raumgefühl führte. Analog dazu wirkt auch Iris van Herpens Kleid durch zahlreiche Öffnungen luftig und leicht. Gleichzeitig scheint es massiv und hart, wie aus einem Baumstamm herausgeschnitzt.

Auswahl typisch gotischer Stilemente

Doch genau dies ist eine faszinierende Illusion. Die Herstellung des "Kirchen-Kleides" hat nichts mit traditioneller Handwerkskunst zu tun, sondern ist ein High-Tech-Produkt durch und durch. Entworfen als dreidimensionales Modell am Computer und anschließend übertragen auf einen 3D-Drucker, der den digitalen Entwurf Schicht für Schicht mit einer Polyamid-Spritzpistole herstellt. Der weiße 3D-Rohling wird anschließend mit einer Kupferschicht überzogen, welche durch Oxidation die verschiedenen Kupfernuancen annimmt. 
So entstehen aus dem interdisziplinären Zusammenspiel von Technik, Kunst und Architektur beeindruckende Ergebnisse, welche wahrlich innovativ sind. Es bleibt spannend, was sich Iris van Herpen als nächstes einfallen lässt!

Märchenstunde mit Sahar Zukerman

Durch Zufall bin ich neulich auf einen jungen, aufstrebenden britisch-israelischen Künstler gestoßen: Sahar Zukerman. Er studiert Bildende Kunst in Berlin und gewann letztes Jahr den Schulz-Stübner-Preis für seine Malerei. Wie es der Zufall so will, stellt Zukerman gerade in der Galerie des Tempelhofs Museum aus, welchem ich heute einen Spontanbesuch abstattete.

St. Georges Battalion Vs. The Dragon - Sahar Zukerman (via hausamkleistpark.de)



Zukerman thematisiert in seiner Kunst oft mythologische oder märchenhafte Sagen und Geschichten: Prometheus, Drachen, Lanzen und Rüstungen sind nur eine kleine Auswahl seiner Bildsprache. Diese entnimmt er aus ihrem ursprünglichen Kontext und setzt sie zu neuen, überraschenden Kompositionen zusammen, wobei er diese sowohl klassisch in Öl, aber auch mit neuen Techniken, wie Digital Painting, umsetzt. 
Die Vielschichtigkeit seiner Werke lässt natürlich auch einiges an persönlichem Interpretationsspielraum offen - jedoch lässt sich sagen, dass Zukerman keine Märchenstunde eröffnet, sondern sich vielmehr mit dem Menschsein an sich, seinen Ängsten, Fürchten und inneren Kämpfen, auseinandersetzt. Ich persönliche deute die riesigen Drachenfiguren, als Bildnis für den inneren Schweinehund und alles was uns zurückhält und wogegen wir ständig versuchen anzukämpfen, um unsere Ziele zu erreichen.
Aber macht euch am Besten selber ein Bild davon und findet eure eigene Deutung. Gelegenheit dafür ist noch bis 13. Mai. Für weitere Informationen hier entlang.

Samstag, 7. April 2012

Die Rosa Röhre

Als Student der TU Berlin trifft man regelmäßig auf architektonische Kuriositäten. Nur selten gibt es in bester Berliner Citylage, derart viele Gegenüberstellungen verschiedenster Baustile und städtebaulicher Konzepte, wie zwischen Tiergarten und Ernst-Reuter-Platz. Eines dieser Bauwerke möchte ich euch heute vorstellen.

Rosa Röhre I - Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau (via Pressestelle TU Berlin)
Rosa Röhre II (via Pressestelle TUB)

Friedlich gelegen am Tiergartenufer, ragt der Umlaufkanal des Instituts für Wasser- und Schiffbau - auch bekannt als die "Rosa Röhre" - aus der Landschaft heraus. Entworfen von Ludwig Leo, gebaut von 1968-75, in der nicht zu übersehenden Formensprache des Funktionalismus. Aus heutiger Sicht mag das überdimensionale, den blauen, kubischen Baukörper durchdringende, Rohr beinahe bedrohlich wirken, für die vom Funktionalismus geprägte Architektur, die in den 1950er und 60er Jahren ihren Höhepunkt erreichte, war es jedoch die absolut konsequente Umsetzung des "form follows function" Prinzipes. So  steht das denkmalgeschützte Bauwerk heute als grotesker Vertreter seines Stils in der Landschaft.
Dennoch ist offensichtlich, dass der zunehmend verwitterte Umlaufkanal dringend einer neuen Verwendung zugeführt werden muss. Seine ursprüngliche Aufgabe als Versuchsanlage für das Strömungsverhalten von Schiffen haben inzwischen Computersimulationen übernommen und so wird die Anlage kaum noch genutzt. Eine temporäre Nutzung als Theaterbühne für die "Oper Dynamo West" und ein Ideenwettbewerb der UdK Berlin stellten bereits einen Anfang zur Erhaltung und Weiterentwicklung des einzigartigen Bauwerks dar.

Wünschen wir der Rosa Röhre also viel Gück für die Zukunft!